Am 20. November 2025 eröffnet im Museum für russlanddeutsche Kulturgeschichte in Detmold die Ausstellung „Under Broken Skies. Ukrainisch-deutsches Kulturerbe an der Frontlinie“ – ein eindringliches Zeugnis von Zerstörung, Erinnerung und der Kraft kultureller Verbundenheit.
Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat nicht nur unermessliches menschliches Leid verursacht. Er hat auch tiefe Wunden in das kulturelle Gedächtnis eines Landes gerissen, dessen Geschichte seit Jahrhunderten von vielfältigen europäischen Verflechtungen geprägt ist. Über 1.200 Kulturdenkmäler – Kirchen, Museen, historische Gebäude, Archive – wurden bereits beschädigt oder vollständig zerstört. Diese Verluste betreffen nicht allein die Ukraine: Sie berühren das gemeinsame europäische Erbe und damit uns alle.
Spurensuche an der Frontlinie
Die Ausstellung richtet den Blick auf jene oft vergessenen Orte, die heute im Schatten des Krieges stehen: auf das deutsch-ukrainische Kulturerbe in den besonders umkämpften Regionen Cherson, Saporischschja und Donezk. Seit dem 18. Jahrhundert siedelten Deutsche in der südlichen und östlichen Ukraine. Sie prägten die Region durch Architektur, Landwirtschaft und ein jahrhundertelanges Zusammenleben mit der ukrainischen Bevölkerung – bis Deportation, Flucht und Vernichtung im 20. Jahrhundert diese Gemeinschaften auslöschten.
Was blieb, waren Kirchen, Friedhöfe, Denkmäler – stumme Zeugen einer gemeinsamen Geschichte. Viele dieser Bauwerke existieren heute nur noch auf Fotografien.
Ein Projekt der Erinnerung und Solidarität
„Under Broken Skies“ ist eine Initiative des Vereins DEPART e.V., des Kulturreferates für Russlanddeutsche, des Rates der Deutschen in der Ukraine und des Museums für russlanddeutsche Kulturgeschichte. Kuratiert von der international ausgezeichneten Fotokünstlerin Irina Unruh, präsentiert die Ausstellung eindrucksvolle Aufnahmen aus dem Wettbewerb „Wiki Loves Monuments“. Ergänzt durch historische Karten, Archivbilder und erläuternde Texte entsteht ein vielschichtiges Panorama einer fast vergessenen Geschichte.
Der begleitende Katalog vertieft die historischen Zusammenhänge und enthält einen Essay des Berliner Autors Robert Faber, der die Schicksale der Schwarzmeerdeutschen mit den heutigen Erfahrungen der Ukraine verbindet und Perspektiven für eine gemeinsame Erinnerungskultur entwickelt.
Gegen das Vergessen
„Zerstörte Denkmäler bedeuten immer auch zerstörte Erinnerung“, betont Dietmar Schulmeister von DEPART e.V. „Mit dieser Ausstellung wollen wir zeigen, dass kulturelles Erbe Identität stiftet – und dass seine Bewahrung Teil des Widerstands gegen das Vergessen ist.“
Volodymyr Leysle, Vorsitzender des Rates der Deutschen in der Ukraine, unterstreicht: „Das Kulturerbe der Deutschen in der Ukraine ist ein wichtiger Bestandteil unserer gemeinsamen europäischen Geschichte. Es erinnert an ein jahrhundertelanges Zusammenleben verschiedener Ethnien und Religionen – und mahnt zugleich zur Toleranz.“
Ministerpräsident Hendrik Wüst formuliert es in seinem Geleitwort so: „Diese Ausstellung gibt den Menschen aus der Ukraine und allen, die sich der Geschichte der deutschen Minderheiten im östlichen Europa verbunden fühlen, einen Raum zum Austausch und setzt ein Zeichen der Solidarität mit ihnen und ihrer Heimat.“
Eine europäische Perspektive
Bis zu den Massendeportationen 1941 und der Flucht 1942 lebte fast die Hälfte der ethnischen Deutschen der Sowjetunion auf dem Gebiet der heutigen Ukraine. Nach 1945 wurde ihre Erinnerung weitgehend ausgelöscht. Erst mit der Unabhängigkeit der Ukraine 1991 begann eine Wiederentdeckung dieses Kapitels.
„Unser Ziel ist es, die Perspektive zu erweitern“, erklärt Edwin Warkentin, Kulturreferent für Russlanddeutsche. „Wir möchten eine Diskussion darüber anstoßen, wie wir heute über Identität, Zugehörigkeit und europäische Kultur sprechen – jenseits imperialer Deutungsmuster.“
„Under Broken Skies“ ist mehr als eine Dokumentation von Zerstörung. Die Ausstellung ist ein Akt der Erinnerung, ein Zeichen der Solidarität und eine Einladung zum Dialog über das, was uns als Europäer verbindet – auch und gerade in Zeiten des Krieges.
Möchten Sie dabei sein? Melden Sie sich hier gerne an und sichern Sie sich einen Platz bei der Vernissage.
Das Projekt wurde aus den Mitteln des Ministeriums für Kultur und Wissenschaft gefördert.
